Bundestag und Bundesrat verabschieden Lieferkettengesetz
Das am 11.06.2021 vom Bundestag verabschiedete Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (sog. Lieferkettengesetz) wurde am 25.06.2021 auch vom Bundesrat gebilligt. Ziel des Gesetzes ist es, den Schutz der Menschenrechte in globalen Lieferketten zu verbessern. Dabei geht es um die Einhaltung grundlegender Menschenrechtsstandards wie des Verbots von Kinderarbeit und Zwangsarbeit. Das Gesetz regelt die Anforderungen für die Sorgfaltspflichten von Unternehmen und soll damit Rechtssicherheit für Unternehmen und Betroffene schaffen.
Für wen gilt das Gesetz?
Das Lieferkettengesetz schafft erstmals verbindliche Anforderungen für unternehmerische Sorgfaltspflichten in Bezug auf ihre Lieferketten. Um den betroffenen Unternehmen die notwendige organisatorische Vorlaufzeit zu gewähren, gelten die Regelungen erst ab dem Jahr 2023 und auch dann nur für in Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland. Ab dem Jahr 2024 wird die Regelung auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland ausgeweitet. Anschließend sollen das Gesetz und seine Auswirkungen erneut überprüft werden, um den Anwendungsbereich ggf. sukzessive zu weiter auszudehnen. Faktisch werden auch kleinere Unternehmen von den Regelungen betroffen sein, da sich die Maßnahmen auch auf diese – als Zulieferer in einer Lieferkette eines direkt verpflichteten Unternehmens – erstrecken.
Pflichtenkreise & Umzusetzende Maßnahmen
Das Lieferkettengesetz unterscheidet drei Verantwortungskreise, die aufgrund abgestufter Einflussmöglichkeiten unterschiedliche Pflichten begründen. Unterschieden werden die Bereiche des eigenen Unternehmens, unmittelbarer Zulieferer und mittelbarer Zulieferer.
Im eigenen Geschäftsbereich haben Unternehmen (1) eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte zu verabschieden, (2) eine interne Risikoanalyse durchzuführen, (3) ein System zum Risikomanagement unter Einbeziehung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen einzuführen, (4) ein System zur Erfassung und Bearbeitung von Beschwerden einzurichten und (5) transparent und öffentlich Bericht zu erstatten. Zudem müssen im Fall einer Verletzung im Inland unverzüglich Abhilfemaßnahmen ergriffen werden, die zwingend zur Beendigung der Verletzung führen.
In Bezug auf unmittelbare Zulieferer sind ebenfalls die Maßnahmen (1) bis (5) umzusetzen. Im Falle einer Verletzung muss das Unternehmen einen konkreten Plan zur Minimierung und Vermeidung erstellen, wenn es die Verletzung nicht in absehbarer Zeit beenden kann.
Bei mittelbaren Zulieferern gelten Sorgfaltspflichten nur, wenn das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß erlangt. In diesem Fall hat es (1) eine Risikoanalyse durchzuführen, (2) ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung umsetzen und (3) angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher zu verankern.
Behördliche Überprüfung & Klagebefugnis
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wird die verpflichteten Unternehmen im Wege eines Berichtsverfahrens kontrollieren. Bei festgestellten Verstößen können Bußgelder verhängt und das Unternehmen von der öffentlichen Beschaffungen ausgeschlossen werden,
Betroffene von Menschenrechtsverletzungen können ihre Rechte – wie bisher – gerichtlich geltend machen. Neu ist die Möglichkeit, beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Beschwerde einzureichen. Zudem dürfen deutsche Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen nun im Ausland Betroffene bei der Vertretung ihrer Rechte vor deutschen Gerichten im Wege der Prozessstandschaft (Befugnis im eigenen Namen einen Prozess über ein fremdes Recht zu führen) unterstützen.
Auswirkungen auf die Praxis
Während die betroffenen Unternehmen im Hinblick auf den eigenen Geschäftsbereich in der Regel entsprechende Maßnahmen bereits umgesetzt haben dürften, wird die Erstreckung auf unmittelbare Zulieferer regelmäßig einen nicht unerheblichen Umsetzungsaufwand erfordern. Auch diese Zulieferer werden aufgrund der verschärften Pflichtenlage das Vertragswerk mit den ihnen nachgelagerten Teilen der Lieferkette überprüfen müssen, um die von den direkt betroffenen Unternehmen geforderten Informations- und Verhaltenspflichten erfüllen zu können.
Auch wenn die Umsetzung bis 2023 suggeriert, es bestehe kein dringender Handlungsbedarf, dürfte es gerade in vielschichtigen Lieferketten einige zeit in Anspruch nehmen, die nachgelagerten Zulieferer zu identifizieren und ggf. erforderliche Informations- und Verhaltenspflichten mit diesen abzustimmen. An dieser Stelle beraten wir Sie sowohl im Hinblick auf die Umsetzung der konkreten Anforderungen des Lieferkettengesetzes, als auch hinsichtlich der Einbettung in ein bestehendes oder zu erstellendes Compliance- und Risikomanagement-System. Zudem unterstützen wir Sie bei der rechtssichern Ausgestaltung und Durchsetzung von entsprechenden Vereinbarungen mit nachgelagerten Zulieferern.